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Neue Regeln für die Berichtigung und Anpassung geltend gemachter Vorsteuern ab dem 1.1.2025

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Seit dem 1.1.2025 gibt es unter anderem auch neue Regeln für die Berichtigung und Anpassung der Vorsteuer auf bezogene Waren und Dienstleistungen. Das Ziel der Änderungen war es, das Mehrwertsteuergesetz (im Folgenden „MwSt-G.“) als slowakischen Rechtsrahmen, mit der EU Mehrwertsteuerrichtlinie in Einklang zu bringen, und zugleich die Kontrolle über den korrekten Vorsteuerabzug zu verschärfen, was zur Minimierung von Steuerhinterziehung führen sollte.

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Berichtigung der abgezogenen Vorsteuer nach § 53 MwSt-G.


Der Wortlaut der Bestimmung des bis zum 31.12.2024 geltenden § 53 MwSt-G. regelte die Verpflichtung zur Berichtigung der geltend gemachten Vorsteuer auf bezogene Waren und Dienstleistungen, beispielsweise in Fällen, in denen es zur vollständigen oder teilweisen Rückgabe gelieferter Waren kam oder wenn der Lieferant der Ware oder Dienstleistung nachträglich einen Rabatt gewährte, also den Preis nach Entstehung der Steuerschuld senkte.


In der Praxis konnten jedoch auch Situationen auftreten, in denen der Steuerpflichtige beim Kauf von Waren oder Dienstleistungen, die kein Anlagevermögen darstellten (und direkt in den Aufwand gebucht wurden), die Vorsteuer in voller Höhe geltend gemacht hat, da er diese Einkäufe ausschließlich für steuerpflichtige Geschäfte mit vollem Anspruch auf den Vorsteuerabzug vorgesehen hatte, dennoch sich die Situation zwischenzeitlich geändert hat, sodass die gekauften Waren oder Dienstleistungen schließlich auch für von der Umsatzsteuer befreite Lieferungen und Leistungen verwendet wurden, womit der Anspruch auf Vorsteuerabzug entweder gar nicht oder nur aliquot bestand. Das MwSt-G. berücksichtigte eine solche Situation nicht und legte dem Steuerpflichtigen keine Verpflichtung zur Rückerstattung der geltend gemachten Vorsteuer auf.

 


In diesem Zusammenhang wurde ab dem 1.1.2025 in das MwSt-G. der neue Begriff „erstmalige Nutzung“ eingeführt. Es handelt sich um die erste tatsächliche Nutzung der erworbenen Waren oder Dienstleistungen, unabhängig vom deren Wert, bei denen der Anspruch auf Vorsteuerabzug  entstanden ist. Bei der erstmaligen Nutzung wird der bereits deklarierte (vorgesehene) Zweck und der Umfang der Nutzung der angekauften Waren und Dienstleistungen für steuerpflichtige Geschäfte mit der tatsächlichen Nutzung verglichen, und auf Grundlage dieses Vergleichs können folgende Situationen eintreten:

 

  • Obliegenheit zur Berichtigung der geltend gemachten Vorsteuer, wenn die ursprünglich Vorsteuerbetrag höher als die auf Grund der erstmaligen Nutzung (der ersten tatsächlichen Nutzung) abzugsfähige Steuer war;
  • Recht auf die Berichtigung der geltend gemachten Vorsteuer, wenn die ursprüngliche Betrag  niedriger war als die auf Grund der erstmaligen Nutzung abzugsfähige Vorsteuer;

 

Die Verpflichtung zur Berichtigung der vollständig oder der teilweise geltend gemachten Vorsteuer bezieht sich nicht auf Fälle, in denen Waren oder Dienstleistungen für den persönlichen Gebrauch des Steuerpflichtigen, für den persönlichen Gebrauch der Mitarbeiter des Steuerpflichtigen, für eine unentgeltliche Lieferung oder die Lieferung für einen anderen Zweck als die Unternehmungstätigkeit des Steuerpflichtigen genutzt werden. In solchen Fällen ist anstatt der Berichtigung der geltend gemachten Vorsteuer nach § 53 MwSt-G. die MwSt beim Ausgang nach § 8 Abs. 3 MwSt-G. bei gelieferten Waren und nach § 9 Abs. 2 MwSt-G. bei erbrachten Dienstleistungen abzuführen. Die Bemessungsgrundlage für die abzuführende MwSt wird nach § 22 Abs. 5 MwSt-G. bestimmt.  Die Bemessungsgrundlage kann sein:

 

  1. Kaufpreis der Ware zum Zeitpunkt deren Lieferung;
  2. falls der Kaufpreis nicht nach Punkt a) ermittelt werden kann, ist die Steuerbemessungs-grundlage der Kaufpreis einer vergleichbaren Ware zum Zeitpunkt deren Lieferung;
  3. falls kein Kaufpreis vorhanden ist oder nicht nach Punkten a) und b) ermittelt werden kann, die Steuerbemessungsgrundlage sind die Herstellungskosten dieser Ware zum Zeitpunkt deren Lieferung.


Bei Dienstleistungen entspricht die Steuerbemessungsgrundlage den Kosten für die Erbringung dieser Dienstleistung.


Die Änderung betrifft auch die Berichtigung der geltend gemachten Vorsteuer im Fall eines Diebstahls von Waren. Durch die Novelle wird der Diebstahl als unrechtmäßige Aneignung von Waren durch eine andere Person definiert und der Steuerpflichtige berechnet die zurückzuzahlende Steuer auf die gleiche Weise, wie es für die Verpflichtung zur Abführung der MwSt beim Ausgang nach § 8 Abs. 3 MwSt-G. vorgesehen ist, wie wir vorstehend beschrieben haben. Bei der Rückerstattung der abgezogenen MwSt werden die bereits vorgenommenen Berichtigungen oder Anpassungen der Vorsteuer sowie der anteilige Vorsteuerabzug berücksichtigt. Die rückzuerstattende Vorsteuer kann höchstens bis zur Höhe der ursprünglich geltend gemachten Vorsteuer zurückerstattet werden. Es wird ein Mechanismus eingeführt, der dem Steuerpflichtigen das Recht auf Berichtigung der korrigierten Vorsteuer gewährt, falls er die gestohlenen Waren zurückerlangt.


Anpassung der Vorsteuer beim Anlagevermögen nach §§ 54 – 54d MwSt-G. 

 

Die neue Begriffsbestimmung Anlagevermögen ab dem 1.1.2025 bedeutet für Steuerpflichtige eine Erweiterung der Fälle, die dieser Regelung unterliegen. Das Anlagevermögen umfasst nun langfristiges bewegliches Vermögen des Steuerpflichtigen, dessen Anschaffungskosten netto oder die angefallenen Selbstkosten mehr als 1 700 EUR betragen, anstatt der bisherigen Grenze von 3 319,39 EUR nach dem Wortlaut des MwSt-G. bis zum 31.12.2024. Diese Begriffsbestimmung wurde mit der Definition des langfristigen beweglichen abschreibungsfähigen Vermögens nach dem Einkommensteuergesetz in Einklang gebracht, wodurch Vorräte ausdrücklich aus dieser Definition ausgeschlossen worden sind. Zum Anlagevermögen gehören weiterhin Gebäude, Baugrundstücke, Wohnungen und Nichtwohnräume, Aufstockungen und Anbauten von Gebäuden sowie bauliche Änderungen an Gebäuden, Wohnungen und Nichtwohnräumen – unabhängig von deren Anschaffungskosten. Der neuen Regelung der Vorsteuer unterliegt ebenfalls immaterielles Vermögen mit Anschaffungskosten von mehr als 2 400 EUR netto.


Mit der Einführung des Begriffs „erstmalige Nutzung“ hat sich zugleich der Zeitpunkt geändert, ab dem die Frist für die Anpassung der Vorsteuer beginnt. Diese beträgt 5 Jahre für Sachanlagen und immaterielle Vermögensgegenstände und 20 Jahre für Immobilien und deren bauliche Veränderungen. Neu beginnt die Frist für die Anpassung des Vorsteuerabzugs in dem Jahr, in dem die erstmalige Nutzung des Anlagevermögens einschließlich dieses Jahres, erfolgt ist. Wenn z.B. Sachanlagen mit Anschaffungskosten von mehr als 1 700 EUR (erworben nach dem 31.12.2024) im Jahr 2026 erstmalig genutzt wreden, läuft die Frist für die Anpassung der Vorsteuer im Jahr 2030 ab. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 53 MwSt-G. hat somit Vorrang vor der Anpassung der Vorsteuer nach § 54 MwSt-G.


Auf diese neue Vorgangsweise kann sich die Dauer, während der der Verwendungszweck von Anlagevermögen, sowie die Verpflichtung zur Anpassung der Vorsteuern, überwacht werden müssen, erheblich verlängern. Es ist auch wichtig zu beachten, dass eine erforderliche Berichtigung der geltend gemachten Vorsteuern bei der erstmaligen Nutzung im Veranlagungszeitraum erfolgen muss, in dem zur erstmaligen Nutzung kam, und nicht erst im letzten Veranlagungszeitraum des Kalenderjahres bzw. des Wirtschaftsjahres, wie es bei der Anpassung des Vorsteuerabzugs ist. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf den Cashflow des Steuerpflichtigen haben, insbesondere in Situationen, in denen er bei der Anschaffung des Anlagevermögens die Vorsteuer in voller Höhe abgezogen hat, dennoch sich die Umstände später so entwickeln, dass sich die abziehbare Vorsteuer  verringert. Z.B. kauft ein umsatzsteuerpflichtiger Unternehmer ein Gebäude mit der Absicht, es an einen anderen umsatzsteuerpflichtigen Unternehmer zu vermieten (die Vermietung würde der MwSt  unterliegen) und zieht daher die gesamte Vorsteuer aus dem Kauf des Gebäudes ab. Wenn diese Absicht jedoch nicht umgesetzt wird, und der Unternehmer das Gebäude stattdessen an eine Privatperson vermietet (die Vermietung wäre von der MwSt befreit), ist er unter diesen Umständen verpflichtet, den gesamten zuvor abgezogenen MwSt-Betrag zurückzuzahlen.


Eine bedeutende Änderung erfolgte auch in der Berechnungsmethode der Anpassung der abgezogenen Vorsteuer, die durch eine Formel in der Anlage Nr. 1 des MwSt-G. festgelegt ist. Die ursprüngliche Formel berücksichtigte die Anzahl der verbleibenden Jahre bis zum Ablauf der Frist für die Anpassung des Vorsteuerabzugs und somit ist die gesamte abgezogene MwSt angepasst worden. Zum Beispiel, wenn bei einem im Jahr 2024 erworbenen Anlagevermögen die gesamte Vorsteuer  in voller Höhe von 100 000 EUR abgezogen wurde, die Frist für die Anpassung betrug 20 Jahre, und die Verpflichtung zur Anpassung des Vorsteuerabzugs in voller Höhe entstand im 10. Jahr nach dem Erwerb des Anlagevermögens, dann musste der Steuerpflichtige die Vorsteuer von 50 000 EUR in dem letzten Veranlagungszeitraum des 10. Kalender- bzw. Wirtschaftsjahres zurückzahlen.


Nach der neuen Regelung wird zunächst die Berichtigung der geltend gemachten Vorsteuer bei der erstmaligen Nutzung nach § 53 MwSt-G. vorgenommen und anschließend beginnt die Frist für die Anpassung der Vorsteuer, beginnend mit dem Jahr der erstmaligen Nutzung des Anlagevermögens. Sollte es während dieser Dauer zu einer Änderung des Verwendungszwecks des Anlagevermögens kommen, wird die Anpassung der Vorsteuer für das betreffende Jahr berechnet - auf den prädiktiven Berechnungsansatz wird verzichtet.


Beispielsweise, wenn beim Anlagevermögen ein Gebäude im Jahr 2025 erworben und die Vorsteuer im Jahr 2025 in voller Höhe von 100 000 EUR geltend gemacht wurde, und nun bei der erstmaligen Nutzung im Jahr 2027 die Pflicht zur Berichtigung der abgezogenen MwSt in voller Höhe von 100 000 EUR entstanden ist, weil das Anlagevermögen ausschließlich für umsatzsteuerbefreite Leistungen verwendet wurde.  Der Steuerpflichtige ist nun verpflichtet, die Vorsteuer im Veranlagungszeitraum, in dem zur erstmaligen Nutzung gekommen ist, zu berichtigen. Ab dem Jahr 2027 beginnt die Frist für die Anpassung der Vorsteuer. Falls im Jahr 2028 eine Änderung des Verwendungszwecks des Anlagevermögens eintritt – das Vermögen würde nun ausschließlich für steuerpflichtige Leistungen, bei denen ein Vorsteuerabzug möglich ist, verwendet – hat der Steuerpflichtige Anspruch auf die Anpassung der Vorsteuer im letzten Veranlagungszeitraum des betreffenden Kalenderjahres oder Wirtschaftsjahres in Höhe von 1/20 der abziehbaren Vorstueer. Vorausgesetzt, es ändert sich nichts, würde dieser Vorgang jedes Jahr fortgesetzt, bis die Frist für die Anpassung der Vorsteuer im Jahr 2046 abläuft.


Laut den Übergangsbestimmungen gelten die neuen Regeln für die Berichtigung und Anpassung der abgezogenen Vorsteuer für Vermögenswerte, die nach dem 31.12.2024 erworben oder in die Betrieb genommen wurden.
 

auditorea k.s.

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